Die Kolbermoorer VHS im Zwielicht

Quelle: vhs-kolbermoor.de

Die Diskussion in der jüngsten Stadtratssitzung über eine Veranstaltung der örtlichen VHS fand ein großes Medienecho.

So veröffentlichte zunächst das OVB einen ausführlichen Artikel: Streit um die Kolbermoorer VHS

In der Folge berichtete dann sogar der Bayerische Rundfunk in seinem Programm Bayern2 in der Sendung "Regionalzeit". Eine Zusammenfassung dieses Beitrags findet sich hier: Streit um Verschwörungstheoretiker-Vortrag in der VHS Kolbermoor

Ergänzend zu diesen Medienberichten möchten wir hier noch einmal den Eilantrag der SPD auf Absetzung des für den 12. November geplanten Vortrags begründen.

Wer sich die nicht allzu große Mühe macht und zum Beispiel auf Wikipedia den Artikel über den Referenten Professor Franz Ruppert nachliest, stößt auf noch seltsamere Aussagen:

So verneint er die Existenz ungewollter Schwangerschaften und sieht selbst im Falle einer Vergewaltigung bei der Frau „eine gewisse Akzeptanz für die Befruchtung“. Krankheiten wie Krebs und Diabetes bezeichnet er als „Konstruktion der Schulmedizin“. Überhaupt entstünden alle körperlichen und psychischen Krankheiten durch „emotionale Verletzungen“. Er geht außerdem davon aus, dass die frühe Fremdbetreuung in Kindergärten bei Kindern zu massiven Traumatisierungen führe und so eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung und lebenslanges Leid entstehe. Eine Traumatisierung könne auch schon vor der Geburt entstehen, wenn eine Mutter über Abtreibung nachdenke. Geburten, bei denen das Neugeborene die Nabelschnur um den Hals habe, seien eigentlich Suizidversuche.

Keine der Thesen dieses Professors ist bislang wissenschaftlich untermauert. Im Gegenteil, gerade Aussagen von ihm zu Corona sind nachgewiesenermaßen Falschaussagen. Falsche Aussagen zu verbreiten, insbesondere über eine städtisch finanzierte Plattform wie die VHS, ist skandalös. Hier stellt sich die Frage, wer hier im Stadtrat Nachhilfe im Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit braucht.

Diese Sichtweise wird im übrigen auch vom Dachverband der Volkshochschulen in Bayern geteilt, der auf seiner Website inzwischen eine Stellungnahme zur Kolbermoorer Veranstaltungsreihe veröffentlicht hat.

Pressemitteilung des Bayerischen Volkshochschulverbands

Auf der Suche nach Antworten, warum solche Referenten und Vortragsreihen überhaupt von einer Volkshochschule präsentiert werden, lohnt ein Blick auf die Website, die die Leiterin der der örtlichen VHS, Ulrike Sinzinger, zusammen mit ihrem Mann betreibt. Hier finden sich unter dem Oberbegriff „Philosophie“ Links zu bekannten Coronakritikern und -leugnern (Prof. Bhakdi, Prof. Wodarg, Dr. Bodo Schiffmann) sowie zu eindeutig der Verschwörungstheoretiker-Szene zuzurechnenden Medien wie „KenFM“ und „Rubikon“. Auch behauptet Frau Sinzinger hier, dass das Coronavirus in Italien weniger Not brachte, als die Schutzmaßnahmen in der Folge dagegen.

Natürlich darf jeder privat seine eigene Meinung zu Sachverhalten haben und diese auch verbreiten. Wenn sich aber der Eindruck erhärtet, dass hier eine öffentlich geförderte Bildungseinrichtung dazu missbraucht wird, diese eigene Meinung zu propagieren, statt faktenorientierte Veranstaltungen zu präsentieren, wollen und können wir als SPD hierzu nicht schweigen.